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Vom Kauf von Bleaching Creme, Würmern als Ersatz für Popcorn, endlosem Anstehen und dem nie endenden Geräusch emsiger Ventilatoren. Ni hao in China!

Von Christiani Wetter

Lost in Translation

Nachdem mich die Klimaanlage siebzehn Stunden lang aggressiv angeblasen hatte, verließ ich die Holzklasse der Cathay Pacific Airline mit einem altbekannten Winterschnupfen. Erster Halt: Apotheke im Flughafen.

Da die Medikamente alle auf Mandarin angeschrieben waren, hatte ich so meine Schwierigkeiten die richtige Wahl zu treffen. Für weitere Verwirrung sorgten die vielen Katzen und Bärchen, welche auf den jeweiligen Verpackungen in Pastellfarben für Spaß und Freude an jeglichen Krankheiten sorgten. Die Verkäuferin schien meinen verzweifelten Gesichtsausdruck richtig zu interpretieren und eilte mir zu Hilfe. Um nicht gleich mit der Tür ins Haus zu fallen und mich nach meinen Symptomen zu befragen, begann die freundliche Verkaufskraft einen Small Talk mit der Frage nach meiner Herkunft. „Vienna, Austria“, erwiderte ich. Die Dame begann zu strahlen und schwärmte mir unverzüglich vor, wie toll sie doch Australien fände. Besonders die exotischen Tiere und der ewige Sommer seien doch ein Genuss für die Seele. Ich dachte kurz an den ewigen österreichischen Winter und an zwei Eichhörnchen, welche ich vor einigen Wochen in Schönbrunn entdeckt hatte. Dann korrigierte ich die Dame höflichst und meinte „Austria, not Australia“ und fügte erklärend hinzu „No Kangaroos“. Ja, ja, sie habe schon verstanden, meinte die freundliche Dame und ergänzte, dass sie für Australierinnen etwas ganz Besonderes in ihrem Laden hätte. Ich dachte kurz darüber nach, dass sogar Präsident Bush bei seinem Österreich-Besuch fragte, wo denn nun die Kängurus seien. Mein Gedanke wurde jäh abgerissen, als mir die Dame eine Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 80 in die Hand drückte und eine Bleaching Creme für die Gesichtshaut. Mit den Worten „good for the hot sun in your country“, schob sie mich in Richtung Kasse. Zu erschöpft für Widerworte, bezahlte ich die Produkte und verließ die Apotheke ohne Erkältungsblocker.

Shenzhen

Das Silicon Valley der Hardware wollte ich schon alleine der Neugier wegen besuchen. War Shenzhen doch gerade im Begriff Kalifornien abzulösen und die zukünftigen Mark Zuckerbergs und Jeff Bezos`dieser Welt zu beherbergen. Es begann schon an der Grenze zwischen Hongkong und Shenzhen. Ein Visum brauchte ich, um die Schwelle übertreten zu dürfen ins Heilige Land der Technikherstellung. Nach einer vierstündigen Wartezeit war ich mir sicher, dass mein Geduldsfaden eine Verlängerung brauchte. Mit dem Visum in der Hand, machte ich mich dann ans Anstellen der längsten Schlange der Welt. Ich schätzte ca. 300.000 Menschen vor mir. „Na Bravo“, dachte ich und zückte mein Smartphone, um mein Talent auf Candy Crush zu optimieren. Beim Candy Crush-Level 4092 wurde ich dann endlich aufgerufen und durfte die Grenze überqueren. Viele freundliche Chinesen boten mir zu exorbitanten Taxipreisen an, mich in die Destination meiner Wahl zu fahren. Jedoch hatte ich meinen Personal Guide namens Bob, der mich durch die Fabriken Shenzhens fahren sollte. Bob sprach gebrochen Englisch und rauchte ununterbrochen. Um die österreich-chinesische Freundschaft nicht zu gefährden, rauchte ich im Kettentempo mit. Bevor wir ausstiegen, um einen Fuß in Start-Up Valley zu setzen, kaufte ich mir noch einen exzellent nachgemachten Kopfhörer von Bose. Gut gelaunt durch die materialistische Eroberung, betrat ich ein vernachlässigtes Gebäude, welches mutige Start-Ups aus Österreich beherbergte. Sie aller erhofften sich in Hongkong ihren Durchbruch. Begeisterung und ein untrüglicher Glaube ans eigene Produkt, das war der Antrieb der aufstrebenden New Business-Garde.

Von essbaren Würmern, reisen Smartphones und Schneidemaschinen

Industriedesignerin Katharina Unger kehrte dem Burgenland im zarten Alter von 22 den Rücken und zog nach Shenzhen, um ihrem Unternehmen LIVIN farms Leben einzuhauchen. Gerne wollte ich nach LIVIN farms googeln oder auf Facebook nach mehr Informationen suchen, jedoch wurde mir schmerzhaft bewusst, dass diese Kanäle in China nicht zugelassen waren. Katharina erklärte mir, dass sie sich mit dem Essen der Zukunft beschäftigte und Insekten als Nahrungsmittel für den Menschen etablierte. Unger und ihr Team entwickeln eine portable Mehlwurm-Farm, mit der man sich die essbaren Mehlwürmer zu Hause zum Eigenverzehr züchten konnte. Nach einem mutigen Löffel Wurm, musste ich ihr den delikaten Geschmack von gerösteten Würmern zugestehen. „Fast wie Popcorn“, war mein lobendes Fazit. Auch der Salzburger Johann Rath, CEO von TABLECONNECT, beschäftigte sich mit der Zukunft. Allerdings geht es ihm und seinem Team nicht ums Essen sondern um ein riesengroßes Smartphone in Tischgröße. Ihre Multi-Touch-Tische sind die ultimative Möglichkeit, Android-Apps auf dem eigenen Tisch zu verwenden. Erhältlich in 55 Zoll und 32 Zoll Versionen, ist TABLECONNECT das erste Großbild-Touch-Gerät, das die vertrauten Schnittstellen verwendet, die jeder von seinem Smartphone und Tablet kennt und sie auf groß angelegte Zusammenarbeit, Interaktion und Spiele anwendet. Die amerikanischen Jungs von WAZER klangen dem Namen nach zwar wie eine Indie-Rockband, hatten aber gerade eine der erfolgreichsten Kickstarter Kampagnen mit der stolzen Summe von 1,3 Millionen Dollar hinter sich gebracht. WAZER stellten einen Waterjet Cutter her, welches jedes Material – sei es Stein, Metall, Gummi, Keramik oder Plastik – im Handumdrehen schneidet. Verrückt, diese wilden Leute die ins exotische Shenzhen zogen.

When in China - Ein Erlebnisbericht

DJI Mavic Pro Drone

Mit Katharina von LIVIN farms hielt ich Kontakt über WeChat, dem chinesischen Pendant zu WhatsApp. Sie lud mich zu ihrer Geburtstagsfeier auf einem Segelschiff ein. „Squid fishing“, das war das Geburtstagshighlight, welches sie mit ihren Gästen betreiben wollte. Auf dem Boot angekommen, drückte ich mich vor der Angelpartie und ging ans oberste Deck. Dort lernte ich den Tech-Kurator David Cranor kennen. Er hatte ein kleines Paket in seiner Hand. Ob das ein Geschenk für Katharina sei, fragte ich ihn. Nein, es sei eine DJI Mavic Pro Drone, meinte er und packte das Paket aus. Zu meinem Erstaunen, konnte er in Windeseile eine kleine Drone zum Leben erwecken. Ich war beeindruckt und das gefiel ihm. Er ließ sie steigen, so hoch wie das höchste Gebäude Hongkongs. „4000 Meter hoch“, meinte David. Auf seinem Iphone konnte ich den Flug der Drone verfolgen, welche uns unglaubliche Stadtbilder lieferte. „Wie in einem Batman-Film“, sagte ich begeistert. Die DJI Mavic Pro Drone ließ umständliche Filmaufnahmen mit Helikoptern aussehen, wie die Filmversuche eines Filmstudenten aus dem ersten Semester.

Mehr und mehr empfand ich China wie eine futuristische Parallelwelt, in der ich gerne verweilen wollte. Leider drängte die Zeit und mein Abschied Richtung Heimatland stand bevor.

Österreich, Deine Stille

Mein chinesischer bekannter Ka meinte beim Abschied, dass ihn die österreichische Stille sehr irritierte. Als Hongkonger war er das stetige Summen und Brummen der Klimaanlagen und Lüftungen gewohnt, das ständige Gemurmel von Menschenmassen und Fernsehgeräuschen, die stetige Musik aus Stereoanlagen und Radios sowie die quietschenden Reifen von zu schnell fahrenden Taxis. In Österreich jedoch, da war einfach gar nichts zu hören. „Wie eine Art Fegefeuer oder Nimbus“, so empfand er den österreichischen Lärmpegel. Als ich ins Flugzeug nach Wien einstieg, da freute ich mich schon wie ein kleines Kind auf die Geräuschkulisse meiner heißgeliebten Zwischenhölle Österreich.